Was tat ich hier eigentlich? Anstatt Zuhause im warmen Bettchen zu liegen, saß ich hier auf einer kalten Bank und fror mir alles ab.
Ich könnt ja wieder nach Hause, aber irgendwie wollte ich auch nicht.
Wer würde mich gerne aufnehmen? Erster Gedanke: Filipe !
Auf zu ihm. Obwohl es schon ziemlich spät war. Ich hatte immer die besten Timings. Also machte es nichts.
Ich stieg ins Auto und fuhr zu ihm. Meine Eltern würden mich bei ihm als erstes suchen. Aber ich würde mir schon was einfallen lassen.
Irgendwas mit 4 Uhr Morgens war es mittlerweile und ich stand hellwach und topfit vor Filipes Tür.
Ich klingelte einmal....
Okay, ich klingelte ein zweites Mal.
Drittes, viertes, fünftes, zehntes, dreißigstes.
"Alter, geht's dir noch gut?" Öffnete er endlich die Tür und sah mich verschlafen an.
"Hi." Ich sah ihn ebenfalls an.
"Ja was willst du, man? Auf die Uhr geguckt?" Fragte er mich und ich zuckte mit den Schultern.
"Keine an und Handy ist in der Tasche, meine Hände sind eingefroren, kann es grade nicht rausholen." Erklärte ich ihm.
"Ja bist du jetzt nur hier, weil du wissen willst wie spät es ist?" Filipe verstand die Welt nicht mehr. Ich ihn auch nicht.
"Du hast von der Zeit gesprochen, nicht ich. Eigentlich bin ich hier um zu fragen ob ich bei dir wohnen kann? Ich zahle auch die Miete und Essen kaufe ich mir selber." Ich hatte Style und das Geld.
Filipe riss seine Augen weit auf und sah mich an, als wäre ich ein nicht existierendes Pokemon.
"Spinnst doch. Warum bei mir? Du hast ein Zuhause." Er verschränkte die Arme und sah mich schief an.
"Ich hab keine Lust nach Hause zu gehen. Bin doch deswegen abgehauen." Wurde ich nun genauer.
"Was? Dir ist schon klar, das deine Eltern zuerst bei uns fragen werden. Kannst du vergessen, wenn meine Mutter davon erfährt, die kriegt die Krise, die wird dich an der Hand zu deiner Tür führen." Nickte er.
"Ja was soll ich sonst machen? Zu Fabi kann ich nicht, sein Vater ist streng. Vor dem habe ich Angst!" Toll, keiner konnte mir helfen.
"Er ist nicht streng. Ich wäre auch sauer, wenn du mein Waschbecken kaputt machen würdest. Ich hab ihn da vollkommen verstanden." Fing er das Thema nun wieder an, es war schon Jahre her.
"Ich hab mich doch nur draufgesetzt, kann ich da was für, wenn es nicht stabil ist? Da war ich 14..."
"Du warst 17 und warst besoffen." Verbesserte mich Mr.Right.
"Von mir aus. Kann ich jetzt zu dir?" Fragte ich ihn erneut.
"Ja, komm rein. Aber wenn deine Eltern hier morgen auftauchen und denken ich hätte dich gezwungen hierhin zu kommen, ..."
"Ich sag' die Aliens haben mich entführt." Unterbrach ich ihn.
Filipes Zimmer war riesig, da konnten locker 10 Leute schlafen. So ein Zimmer hatte ich mir auch schon immer gewünscht. Als wir beide 5 waren haben wir hier immer Fußball gespielt. War schon eine geile Zeit.
Seine Couch war genauso groß wie sein Bett, da konnte ich schlafen - das bot er mir nämlich an.
Er ging kurz ins Nebenzimmer um Bettwäsche zu holen. Und mir viel auf, das ich mein Ladegerät Zuhause gelassen habe, verdammt.
"Hier." Er warf mir die Sachen entgegen, die ich natürlich nicht auffangen konnte.
"Danke dir." Ich hob die Bettwäsche auf und deckte die Couch.
So konnte ich jetzt endlich auch mal schlafen. Da wir morgen frei hatten, konnte ich wieder ausschlafen. Das gute an Filipe war, das er auch immer bis Abends schlief. Im Gegensatz zu Fabi, der war schon immer um neun Uhr wach und ging joggen.
Filipe machte das Licht aus, wünschte mir eine gute Nacht und legte sich schlafen.
Mir war nicht danach, mir war langweilig und ich hatte Hunger.
"Pst, Filipe....Filipe,Filipe,Filipe,Filipe..."
"WAS MAN?" Da reagierte er aber früh.
"Sei nicht so laut. Ich wollte dich nur was fragen." Mein Magen knurrte schon, also müsste er eigentlich wissen was ich grade von ihm wollte.
"Was ist?" Okay, so schlau war er nicht.
"Machst du mir zwei Toast?" Fragte ich nett.
"Du hast sie nicht mehr alle. Schlaf bitte. Morgen kannst du 100 Toasts haben, aber bitte lass mich jetzt schlafen." Antwortete er genervt und ließ mich hungrig einschlafen.
Am nächsten Morgen/Tag wachte ich als erster auf. Filipe schlief noch.
Ich warf einen Blick auf mein Handy, das Erste was ich sah war "Akku fast leer.", das Zweite 267 verpasste Anrufe. Hilfe, also wenn es nicht Mama war, dann wusste ich auch nicht.
Ich checkte es schnell ab. Ja : Mama, Mama, Mama, Mama, Mama, Papa, Papa, Papa, Papa, Papa, uh Florian, Mama, Mama. Okay und so weiter.
Mir war langweilig. Ich warf Filipe mit einem Kissen ab, worüber dieser sich mal wieder am aufregen war.
"Musste das sein?" Nuschelte er genervt vor sich hin.
"Hae? Was?"
Die Tür ging auf und Filipes Mama kam rein.
"Basti du bist ja bei uns. Deine Eltern haben grade hier angerufen und gefragt ob du hier seist, das wusste ich nicht und habe nein gesagt. Ich muss sie dann wieder anrufen."
"Nein!!! Bitte !!!" Ich sprang von der Couch auf und versuchte sie davon abzuhalten. "Ich will nicht das sie wissen wo ich bin."
"Sebastian, es sind deine Eltern. Die machen sich bestimmt große Sor-.."
"Mama, mach mir Müsli." Unterbrach Filipe sie.
"Filipe, mach sie dir selber. Ich muss zur Arbeit!" Sie ging runter und machte sich für die Arbeit fertig.
"Mach mir Müsli." Forderte mich Filipe dazu auf. Tz, wie sah ich denn aus?
"Mach die dir selbst, wie deine Mama es schon gesagt hat." Grinste ich und ging ins Bad.
Nachdem ich mich frisch gemacht hatte, ging ich runter in die Küche.
"Mama? Du fährst doch zur Arbeit? Fahr mal schnell nach Lidl und kauf Milch." Rief Filipe, er saß am Tisch und sah die leere Milch an.
"Hol die dir selbst! Ich bin spät dran. Tschüss bis nachher." Sie verließ das Haus und ließ Filipe verhungern. Richtig so, er war viel zu faul.
"Hol mir meine Milch." Ey, warum immer ich?
"Filipe? Der nächste Lidl den ich kenne ist in Wipperfürth." Ich setzte mich an den Tisch und sah ihn an.
"Kannst mein Auto haben, aber denk dran, nicht zu lange in der Sonne stehen lassen, nicht irgendwo vergessen und beeil dich damit ein bisschen. Tschö."
"Redest du von der Milch? Es ist nur eine Milch, Filipe." Lachte ich.
"Ich rede von meinem Auto." Sagte er ernst.
Man, er war heute richtig mies drauf. Machte so keinen Spaß.
"Du spinnst. Meine Mama geht da immer einkaufen. Was wenn die mich sieht?" Das hätte ich ja fast vergessen.
"Ehm, ja. Ihr Kind ist verschwunden und was macht sie? Sie geht erstmal einkaufen. Sebastian? Fahr bitte." Er hatte recht.
So ließ ich mich breitschlagen und fuhr mit Filipes Auto einkaufen.
Er hatte mir 5€ mitgegeben und wollte das ich ihm gleich 3 Packungen Milch kaufe. Spinner.
Und wie erwartet, bei meinem Glück traf ich auf meinen Vater. Zum Glück hatte er mich nicht gesehen. Ich versteckte mich hinter einem Regal und wartete bis er ging.
Warum war er ausgerechnet jetzt hier? Schnell lief ich zur freien Kasse rüber und wartete bis die Kassiererin endlich die Sachen einscannte, die arbeitete aber auch wie eine Schnecke.
"Geht es nicht etwas schneller?" Ich hatte einfach zu große Angst gesehen zu werden.
"Ist ja schon gut. 1,62€ bitte." Sie redete sogar genauso langsam.
"Hier..." ich gab ihr die 5€ und sie fing auch noch so langsam an das Rückgeld rauszugeben.
Nachdem ich "freundlich" das Geld erhalten hatte, raste ich aus dem Supermarkt raus und stieg ins Auto ein.
Man, vom ganzen Matsch waren die Reifen dreckig geworden. Naja. Was solls.
Als ich bei Filipe ankam, dauerte es wieder bis mein bester Freund mir die Tür öffnete.
"Oh Hi. Warum hat es so lange gedauert?" Er nahm mir eine Milch ab und ging in die Küche.
"Ja, nimm ruhig nur eine Milch ab. Die zwei anderen kann ich selbst tragen." Ärgerte ich mich über ihn.
"Sind ja nur zwei." Kam aus der Küche und ich bekam grad die Anfälle meines Lebens.
"Puh, ich bin fertig. Rate mal wen ich dort gesehen hab?" Erschöpft und außer Atem, setzte ich mich an den Tisch und sah Filipe an.
"Wo?" Fragte er blöd, als er sich das Müsli in eine Schüssel kippte, die schon bis über dem Rand voll war.
"Lidl, Filipe. Lidl." Antwortete ich seufzend.
"Wie viel kostet die Milch eigentlich?" Fragte er mich, obwohl ich ihn was gefragt hatte, hmph. Ich rastete innerlich aus.
"0,54€. Das Rückgeld liegt in deinem Auto. Aber ey, ich hab dich was gefragt?" Erinnerte ich ihn.
"Hö, wos denn?" Fragte er mich mit vollem Mund.
"Ich hab meinen Vater gesehen. Zum Glück hat er mich nicht gesehen, sonst wär ich des Todes." Erzählte ich ihm und konnte immer noch nicht fassen was für ein Glück ich hatte.
"Wo hast du ihn gesehen?" Er konnte froh sein, das er mein bester Freund war, sonst hätte ich ihm längst eine reingehauen.
"Vergiss es bitte einfach." Ich stand auf und ging meine Jacke aufhängen.
"Warte." Er rannte in den Flur, zog sich seine Jacke an und zog mich am Arm hinter sich her.
"Ich wollte nur mein Geld holen... EY NE? WAS IST DAS? MEIN AUTO!!" Er sah wie versteinert das Auto an.
"Filipe was? Ich... ich hab doch nix gemacht? Ich ... ehrlich, Filipe, was ist da denn?" Ich bekam Panik, obwohl ich wusste, das ich nix gemacht hatte.
"Guck dir die Reifen an!!!" Ein Witz?
"Willst du mich verarschen, Filipe? Es sind nur reifen, meine sehen doch auch so aus. Geh ins Wachsalon und wasch die da." Ich verdrehte die Augen.
"Nö, bin sauer." Er schmollte und drehte sich weg.
Katastrophe. Ich musste weg.
"Filipe ich geh zu Fabi." Ich ging in sein Zimmer, packte meine Sachen und ging zu Fabi.
Also bei Filipe hielt ich es nicht länger aus. Mal sehen was bei Fabi gehen wird...